Lebendiger Politikunterricht - Zeitzeugen zur Flucht befragt

Zeitzeugen der DDR-Flucht waren zu Gast im Politikunterricht der der Fachoberschule

Schüler und Schülerinnen der Fachoberschule beschäftigten sich im Politikunterricht mit der DDR und der Grenzöffnung 1989. Studienrätin Imke Grünewald konnten das Ehepaar Heike und Peter Reinhardt für einen Besuch in der Vogelsbergschule gewinnen. Sie berichteten von ihrem Leben in der DDR, der Flucht des Ehemanns und ihrem Neubeginn im Vogelsberg. 

Die Schüler und Schülerinnen der Klassen 12 FOS 5/7 und 11 FOS 1 hatten sich auf das Thema DDR vorbereitet. Es wurden Plakate zur Geschichte und dem Leben in der DDR erstellt und Fragen an die Besucher erarbeitet. Für Schüler und Schülerinnen, die Mitte der neunziger Jahre geboren sind, ist die Zeit vor 1989 lange her und schwer vorstellbar. Deshalb planten die beiden Politiklehrkräfte Imke Grünewald und Hildegard Pollak eine Veranstaltung mit Zeitzeugen, um das Leben in der DDR schülernah darzustellen und die Bewegründe für eine riskante Flucht zu verstehen.

Das Ehepaar Reinhardt schilderte anschaulich den durchorganisierten DDR-Alltag. Kinder gehörten von der 1. bis zur 4. Klasse zu den Jungpionieren, von der 5. bis zur 8. Klasse zu den Thälmannpionieren und die meisten waren ab 14 Mitglied in der Freien Deutsche Jugend (FDJ). Die Mitgliedschaft in der FDJ und nach dem Ausbildungsabschluss in der SED sei zwar freiwillig gewesen, aber unabdingbar, wenn jemand studieren wollte oder einen bestimmten Arbeitsplatz anstrebte. Die Fragen zur Freizeitgestaltung, zu Discos und Musik wurden oft mit kleinen Anekdoten beantwortet, so dass es auch etwas zu lachen gab.

Die Schüler und Schülerinnen interessierten sich vor allem für das private Leben der Familie Reinhardt. Diese heirateten bereits mit Anfang 20. Und als die junge Familie bereits zwei kleine Kinder hatte, wagte Peter Reinhardt am 01. November 1989 die Flucht über die damals schon nach Westen geöffnete Grenze der Tschechoslowakei. Er hatte gehofft, seine Frau und seine Kinder im Zuge einer Familienzusammenführung nachholen zu können. Dass schon bald danach die Grenze geöffnet würde, konnte man da noch nicht wissen. Das konkrete Beispiel zeigte den Schülern und Schülerinnen, was die Reinhardts riskierten, um selbstbestimmter leben und arbeiten zu können. Herr Reinhardt appellierte an die Jugendlichen, ihre beruflichen Chancen zu nutzen und ihre Wahlfreiheit zu schätzen.

Herr und Frau Reinhard sahen im Rückblick einiges in der DDR auch positiv. Dazu gehört für sie zum Beispiel der sichere Krippen- und Kitaplatz, das gemeinsame Lernen bis zur achten Klasse oder die Tatsache, dass niemand arbeitslos war.

Die Zuhörer bedankten sich für die sehr offene Gesprächsrunde und den Einblick in den interessanten und turbulenten Lebenslauf der Familie Reinhardt.